Die Konmari-Methode funktioniert bei mir nicht (und warum ich dafür dankbar bin)
Ich stecke noch mitten drin: im Ausmisten. Und das, wenn ich ehrlich bin, schon seit Jahren. Aus verschiedenen Gründen (Kinder, Job, Trennung – das Leben eben) konnte ich die Konmari-Methode nicht anwenden, die besagt, dass man ein für alle mal, alles auf einmal, ausmisten soll. Und dass man dann nie wieder aufräumen muss.
Meine Konmari-App versucht mich immer wieder mit warnenden, roten Ziffern daran zu erinnern, dass ich noch nicht fertig bin, und die Liste, auf der ich abhaken kann, welche Kategorie bereits erledigt ist, habe ich – ja, genau, richtig geraten – ausgemistet. Irgendwo mitten in den Komono (der Kategorie für Verschiedene Dinge) habe ich die Dinge einfach Dinge sein lassen. Und mich meinen Kindern, meinem Job, meiner Trennung, meinem Leben gewidmet.
Ich könnte jetzt behaupten, dass die Methode nicht funktioniert. Weil sogar bei den Kategorien, die ich erfolgreich bearbeitet habe – meinen Kleiderschrank etwa – auch dort wieder Unordnung einzieht. Nicht viel zwar, und sie ist leichter zu beheben. Ich weiß inzwischen genauer, was ich überhaupt kaufen möchte, was ich kombinieren kann, was wo seinen Platz bekommt. Ich könnte jetzt auch behaupten, dass ich gescheitert bin – das tue ich natürlich nicht. Oder dass die Methode wenig lebensnah ist, wenn man nicht drei Monate frei nehmen kann nur fürs Aufräumen.
Ich bin aber ganz froh, dass die Konmari-Methode bei mir nicht so ganz funktioniert. Gestern habe ich bei meiner Tasse Tee auf den Haufen Plüschtiere, der sich immer wieder wie von Geisterhand neben dem Sofa bildet, gestarrt – und mich plötzlich gefreut. In meinem Wohnzimmer wird es nie perfekt aussehen. Man wird immer erkennen, dass hier Kinder leben, die sagen wir mal, eine andere Auffassung vom Aufräumen haben als ich. Man wird sehen, dass ich die schrumpelige Avocado noch nicht weggeworfen habe, weil ich an meinem Laptop sitze und mein Buch schreibe (und darüber alles Weltliche manchmal vergesse). Man wird sich an dem Stapel „die-wollte-ich-noch-lesen“-Zeitschriften vorbeischieben müssen. (Ich liebe Zeitschriften!)
Es geht hier nicht um so etwas wie: Hier sieht man das echte, pralle Leben. (Natürlich sieht man das.) Sondern darum, dass ich mich entspannen darf.
Kleiner Reminder: Es sieht hier nicht aus wie in einem Instagram-Feed. Wie in einem Coffeetable-Magazin. Wie auf einem Pinterest-Board. Denn die sind nicht echt, soll heißen: nicht umsetzbar. Also versuche es erst gar nicht. Du kannst dir Elemente davon in dein Leben einbauen, aber perfekt wird es nicht. Perfekt gibt es nicht. Schreibst du dir das hinter die Ohren und in dein Herz? Perfekt, das gibt es gar nicht.
Ich darf mich entspannen, weil mir wieder einfällt, dass ich ja nicht gescheitert bin. Dass ich, nur für einen Moment, dem Perfektionismus hinterhergehechelt bin und mal wieder gemerkt habe, dass das anstrengend, herzleerend und unerreichbar ist. Und dass ich das einfach sein lassen darf. Loslassen darf. Diesen Gedanken ausmisten darf. Macht er dir Freude? Nein. Kann weg. Dankeschön und tschüss.
Hier ist, warum es so wichtig ist, dass ich niemals „fertig“ sein werde damit, meine Wohnung und mein Leben aufzuräumen: Weil es dieses Fertig nicht gibt. Den Stillstand. Den perfekten Zustand. Das ultimative Wenn-Dann, das uns eine Zukunft wie eine Möhre vor die Nase hält.
Ich werde mich weiterentwickeln und dabei Fehler machen. Ich werde den Plüschtierberg aufräumen und ihn am nächsten Morgen wiederfinden. Ich werde Gemüse vergessen (sorry, Avocado) und dabei ein neues Kapitel schreiben (das ich manchmal sogar wieder wegwerfen muss). Ich werde immer besser werden – im Aufräumen, im Schreiben, im Leben – ohne dass ich jemals fertig, perfekt, angekommen sein werde. Danke, dass du mich immer wieder daran erinnerst, liebes Chaos. Denn nur so kann ich das Hier und Jetzt, zwischen Teddybär und Filzmonster, wirklich erleben und wirklich genießen.